In dem Newsfeed, den mir Google am Handy gern unterjubelt, ist unlängst eine Bestenliste aufgetaucht, die ich mir jetzt erst näher zu Gemüte geführt habe. Sie stammt von der Website Books and Bao (mir bis dahin unbekannt) und beinhaltet die angeblich 24 besten Romane der Science Fiction. Okay, also eine der Listen, wie sie gern und oft benutzt werden, um Leser anzulocken, schließlich funktionieren Bestenlisten angeblich gut. Also ein Clickbait-Artikel. Sollte ich vielleicht auch mal probieren, eigene Bestenlisten zu erstellen. Wenn ich mich dann bloß immer auf eine gewisse Auswahl beschränken könnte. Seufz. Vielleicht sind fremde Listen ein Weg dazu, eigene Listen unter Kontrolle zu halten, har har har. Mal sehen.
Okay, also in der Liste von Books and Bao geht es um die 24 besten Science Fiction-Bücher aller Zeiten, jeweils 12 moderne und 12 klassische Bücher. Als Klassiker definieren sie alles vor den 2000er Jahren. Das tut zwar ein wenig weh, aber irgendwo muss man ja eine Grenze ziehen und diese bietet sich eben an.
Hier die angeblich beste Science Fiction-Literatur:
Was die Moderne angeht, da muss ich zu meiner Verblüffung feststellen, ich kenne Tchaikovsky dem Namen nach, habe ihn aber nie gelesen, und ich kenne Jeff VanderMeer, der hervorragend, aber etwas langatmig schreibt – für mich. Ich habe noch nie einen VanderMeer zu Ende gebracht, weil ich die Geduld verloren habe. Egal, was ich von ihm probiert habe. Alle anderen Autoren sind mir völlig unbekannt. Wo ist denn ein Peter Watts, oder ein Stephen Baxter? Wo ist Nancy Kress? Paolo Bacigalupi mit Biokrieg (The Windup Girl)? Wo ist Neal Stephenson? Und, und, und …
Generell wage ich diese zweite Liste sehr in Zweifel zu ziehen, was die Bedeutung der Titel angeht und die Kompetenz jenes Will Heath, der die Auswahl zusammengestellt hat, wenn wie am Beispiel The Seep von Chana Porter das Buch dieser Autorin erst 2021 erschienen ist. Wie kann denn das Buch innerhalb von keinen zwei Jahren zu einem der besten SF-Romane aller Zeiten geworden sein? Wer hat es dazu gemacht, die Millionen Leser im Laufe der … äh, nein. Die Liste mag für das Thema von Books and Bao bedeutend sein – Bücher und Reisen, Reflexion der Welt, etc., jedoch als Bestenliste des Genres ist die Auswahl der Moderne völlig danebengegriffen. Aber mit dieser Art von Fail ist der Verfasser nicht allein, so viele Beiträge über “Pop-Kultur” in allen möglichen Ausführungen sind entweder absolut banal und lächerlich, inhaltlich indiskutabel oder schlicht nicht viel mehr als Clickbait-Beiträge.
Sehr schade. Damit disqualifiziert sich der Autor auch, was die Klassiker angeht, denn so treffend die Liste ist, so ist sie doch auch generisch gefüllt mit Büchern, die nahezu immer und überall als Klassiker gelten können, und angesichts der eigenwilligen Auswahl für die Moderne möchte man meinen, hier hätte er sich anderswo informiert, was denn als Genre-Klassiker gilt, da er sie selbst nur bedingt kennt. Die Liste könnte eventuell ein Treffer sein, wenn die Auswahl unter dem Motto “Die besten Reise-Romane der Science Fiction” stünde, das ginge noch irgendwie bei den Klassikern, für die Moderne wage ich das nur für VanderMeer zu behaupten, auch wenn es offenbar bei Die Angestellten von Olga Ravn um eine Sternenreise geht. Allerdings fiele dann Daniel Keyes aus der Rolle, dessen Buch eher eine Psycho-Reise ist. Und Wells wiederum passt nur, wenn man mitzählt, dass die Marsianer zur Erde gereist sind (okay, das ist eine haarsträubende Auslegung des Reise-Themas).
Aber die Liste ist interessant genug, für mich zumindest, um hin und wieder einen Blick auf solche Listen zu werfen und meinen Senf dazu abzugeben. Und vielleicht doch irgendwann einmal zu versuchen, mich so zu fokussieren, dass ich meine eigenen Top-10 oder was weiß ich wie viele, zusammenstelle – Science Fiction, Fantasy, Horror, in Buch und Film und was weiß ich noch alles. Har har har.
Danke fürs Lesen. Seid freundlich zueinander und passt auf euch auf.
John
Vorsicht, der Beitrag kann Spuren von Humor, Satire und Zynismus enthalten (der Autor enthält sie gewiss)
Der Beitrag [WELL FUCK]: Eine Bestenliste, aber nicht meine erschien am 20.03.2023 auf JohnAysa.net