Ich habe im letzten Beitrag über einen Besuch bei den Flic Flac Freaks in Berlin geschrieben und wie wenig unterhaltsam ich Teile der Show fand. Wie ich mehrmals dabei betont habe, ist die Sache mit dem Humor meine persönliche Sichtweise und nicht mehr. Und irgendwie hat sich für mich daraus ergeben, mal ein paar Worte darüber zu verlieren, was ich denn eigentlich lustig finde. Das könnte vielleicht auch das eine oder andere von mir verfasste Buch erklären.
John Aysa und der Humor:
Ich bin, so denke ich, ziemlich leicht zu unterhalten. Ich finde viele Dinge amüsant, die andere Leute völlig kalt lassen, eher amüsieren sie sich darüber, worüber ich mich so amüsiere. Bei Jamie ist das so, sie findet mein Amüsement unterhaltsamer als das meiste Zeug, das mich erheitert. Was wiederum mich unterhält. Manchmal mache ich Fotos oder Videos, die mich erheitern, oder ich versehe meine Videos mit Texten, die mich ebenso unterhalten. Auch da kommt es mehr als gelegentlich vor, dass ich etwas als erheiterund und lustig empfinde und damit alleine dastehe. Sehr lustig.
Die Bandbreite des Humors, der mich anspricht, ist ziemlich breit und umfasst nahezu alle Arten von Witz. Bevorzugt jedoch ist es szenischer Humor. Film, Bühne, Cartoons, Bücher. Erzählte Witze mag ich auch, aber der größte Teil davon bewirkt weniger Amüsement. Das alles zusammengenommen bedeutet wohl, ich bin ein Chaot, was Humor angeht und habe keine spezielle Ausrichtung. Eine gewisse Vorliebe für filmischen und literarischen Humor, das ja. Aber das ist das Medium, nicht der Inhalt. Und nicht ausschließlich.
Probieren wir es also mit Beispielen und dem Versuch zu erklären, was daran witzig ist. Ich entschuldige mich gleichmal vorab für diese Versuche, die nur unzulänglich sein können. Wie erklärt man ausgerechnet Humor, der etwas derart persönliches ist, dass ihn jeder Mensch anders empfindet? Am besten gar nicht.
Und genau deshalb ist es reizvoll, sich an einer Erklärung zu versuchen. Und das wiederum ist etwas, das mich amüsiert. Und noch eine kleine Anmerkung sei mir erlaubt, man kann nur unterschätzen, wie viele “Memes” des Alltags von Komikern stammen, ohne dass es einem bewusst ist.
Filmkomik, die ich heute noch sehr mag:
— Monty Python: Sowohl die TV-Show, Monty Pythons Flying Circus, wie auch die Filme – Das Leben des Brian, Der Sinn des Lebens, Die Ritter der Kokosnuss und anderes mehr. Das Vergnügen daran ist die völlige Absurdität, die surrealen Elemente des Humors. Der größte Unfug wird mit absoluter Ernsthaftigkeit auf die Spitze getrieben und scheut weder vor grotesker Blödheit noch Lächerlichkeit zurück. Verbunden mit Sprachwitz und gezielter Themenverfehlung haben Monty Python auf einmalige Weisen einen Humor hervorgebracht, den ich absolut schätze. Die Ritter der Kokosnuss und Das Leben des Brian sind unerreichte Meisterwerke dieser Verbindung aus Sprachwitz, Absurdität, gezielter Themenverfehlung (Genderthematik und Aliens bei Brian z.B.) und todernster Präsentation von Blödheit.
— Jacques Tati: Die Komik von Tati liegt in der totalen Reduktion und in der Hilfsbereitschaft seiner wohl berühmtesten Figur – Monsieur Hulot. Hulot, der mit storchigem Schritt, langem Mantel, bescheuertem Hut und Pfeife durch die Welt schreitet, stets gewillt, jemandem zu helfen und dabei ein Chaos zu verursachen, das ärger kaum mehr möglich ist. Auch der Kampf mit der Moderne ist etwas, das Hulot unbeschädigt übersteht, während ringsum die Welt in Schutt und Asche geht. Dazu kommt noch, dass Tati seine Figur in den Filmen niemals sprechen lässt. Alle Menschen ringsum reden – viel, über ernsthafte Dinge, frei von Humor. Nur Hulot spricht niemals und entfaltet seine wunderbaren Katastrophen. Einer der schönsten und liebevoll-heiteren Filme ist immer noch Die Ferien des Monsieur Hulot.
— Louis de Funes: Das extreme Gegenteil von Jacques Tati. Die Komik hier beruht auf überdrehter Hysterie, auf peinlichen Situationen, Absurditäten und Humor, der sich seiner oft genug bewusst ist. de Funes war sich auch nicht zu blöd, in gewaltige Wannen voller Kaugummi zu fallen oder minutenlange Furzorgien abzulassen – wie im großartigen Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe. Er hat massenhaft Filme produziert, darunter einige nicht so gute Sachen, aber wenn er gut drauf war, meine Fresse, dann waren die Filme hysterisch komisch und ich habe Tränen gelacht und kann das auch heute noch.
— Stan Laurel und Oliver Hardy: Die beiden haben so ziemlich jeden filmmöglichen Gag umgesetzt, den es jemals gegeben hat. Für mich ein grandioses Duo, dass durch seine Rollenverteilung – Dick und Doof – und die völlig von jeder Hemmung losgelösten Anfälle von Humor den Grundstein aller brachialkomischen Situation in der Filmgeschichte gelegt hat. Sie sind die Urväter der Klamotte und ich kann mich heute noch kaputtlachen, wenn ich mir anschaue, wie sie versuchen, das verdammte Klavier über die ewig lange, steile Treppe nach oben zu bekommen. Völlig irre.
— Mel Brooks: Ein Filmemacher, der sich darauf verstanden hat, die Ernsthaftigkeit anderer kongenial in Komik zu verdrehen, ohne Rücksicht auf Niveau oder Absurdität. Robin Hood, Alfred Hitchcock, Star Wars, Frankenstein, die gesamte Weltgeschichte, alles und jeder haben ihr Fett wegbekommen. Teils sehr clever, hinterfotzig und raffiniert und teils so elegant und dezent wie eine Torte ins Gesicht. Diese Ungeniertheit und die unglaubliche Dichte von Blödheit, Gag auf Gag auf Gag, im Sekundentakt, das ist schon wieder hohe Kunst in meinen Augen. Und zum Brüllen komisch. Wie kann man Lord Helmchen nicht saukomisch finden?
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Filmkomik, die ich früher mochte, jetzt weniger:
— Bud Spencer und Terence Hill: Als ich jung war, so in den Jahren zwischen 12 bis 15, gab es in Wien noch das Eos-Kino, im dritten Bezirk in der Landstraße. Riesiges, altes Kino, Holzsitze, mit Balkon, Leinwand für 65mm Filme tauglich. In den Jahren, die ich dort Filme schaute, waren nie mehr als zwei Dutzend, gelegentlich mal Drei Dutzend Zuschauer in einem Saal, der für 603 Personen (Wien-Wiki) ausgelegt war. Und in den Sommermonaten gab es an den Nachmittagen immer einen Spencer/Hill Film zu sehen, für ganz wenig Geld, stets um 15 Uhr. Dort habe ich sie alle gesehen und meine helle Freude daran gehabt. Ich mag sie auch heute noch gern, aber im Gegensatz zu ihren Vorbildern Laurel und Hardy sind die Filme von Spencer und Hill weniger gut gealtert und nicht mehr das ganz große Vergnügen meiner Jugend.
— Jim Carrey: Ich mochte den brachialen Wahnsinn, den er verbreitet hat, sehr gern. Inzwischen finde ich manches nicht mehr so lustig, sondern eher lahm. Carreys Filme waren immer Produkte ihrer Zeit, die Jahre später nicht mehr so gut anzusehen waren. Aber ich mag Jim Carrey, der ein ernsthafter, intelligenter Mann ist.
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Filmkomik, die mir nie sonderlich gefallen hat:
— Charlie Chaplin: Ihn fand ich nie komisch. Mir war der Humor seiner Filme eher peinlich. Ausgenommen Der große Diktator, der relativ erheiternd war.
— Woody Allen: Für mich immer völlig unlustig gewesen. Konnte ich nie sonderlich leiden, fand ich nicht komisch. Er war in Casino Royale, der All-Star-Parodie auf James Bond, halbwegs witzig als Jimmy Bond. Aber nur, weil er eine relativ kleine Gastrolle hatte, nicht mehr.
— Toy Story: kann ich absolut nicht leiden. Allgemein mag ich Pixar-Filme nicht sonderlich, Toy Story extra nicht. Wall-E ist der einzige Pixar-Film, den ich richtig gern mag. Der Rest ist in kleinem Rahmen okay, im großen Rahmen unsympathisch.
— Eddie Murphy: Jenseits der ersten beiden Beverly Hills Cop Filme (keine Komödien, sondern witzige Thriller) war er nur in den beiden Nur 48 Stunden Thrillern (keine Komödien) erträglich. Sonst fand ich ihn stets eine unerträgliche Nervensäge und echt nicht lustig.
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Mich ansprechender Humor zwischen Buchdeckeln:
— Terry Pratchett: Einfach, weil er wahnsinng freundlichen Humor hatte, überbordende Fantasie und intelligenten Witz, der nicht immer auf den ersten Blick erkennbar war. Neben der wunderbaren Scheibenwelt gab es auch Perlen wie die Teppichvölker und andere Werke, die zu erheitern wussten.
— Thorne Smith: Ein Autor des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, der literarische Screwball-Comedies geschrieben hat. Smith hatten einen ausgesprochenen Sinn für hysterisch komische Momente, für überraschende Anzüglichkeiten, für Slapstik und verstand sich darauf, auch ernstere Untertöne auf so amüsante Weise darzubringen, dass man nur staunen konnte. Er hat gern antike Götter zum Leben erweckt, in seine damalige Gegenwart geschmissen und daraus abgedrehten Wahnsinn verfasst. Eine seiner berühmtesten Figuren ist Topper.
— Tom Sharpe: Der verstand sich darauf, den alltäglichen Nobody in Situationen zu bringen, die ihm völlig über den Kopf wuchsen und in absurde Situationen brachten, aus denen der einzige Weg hinaus in noch mehr Chaos bestand. Sehr britsch, das alles. Sehr amüsant. Zwar etwas altmodisch inzwischen – es gab noch keine Handys und der PC daheim war auch noch keine Selbstverständlichkeit, aber eine gewisse Zeitlosigkeit macht die Bücher noch lesbar.
— Christopher Moore: Kann aus Werwölfen, Vampiren und Walen jede Menge schrägen Humor und absurde Situationen herausholen. Die Bibel nach Biff ist das ultimative Jesus-Buch für Leute mit Humor. Alle anderen, Finger weg.
— Carl Hiaassen: Macht aus Kriminalfällen zynische und amüsante Fälle, deren Humor locker mit den absurderen Filmen der Coen-Brüder mithalten kann. Oft treten in verschiedenen Büchern dieselben Personen auf. Ein kleiner, böser Kosmos absurder Thriller.
— Jean Tabary: Die Isnogud-Comics finde ich immer noch verflixt erheiternd.
— Uderzo/Goscinny: Asterix, ein hoch geschätzter Klassiker, oft mit feinem Witz, der nur durch die Kombination aus Text und Bild funktioniert. Goscinny hat übrigens mit Der kleine Nick einige großartig lustige Kinderbücher verfasst.
— Carl Barks: Der Vater von Donald Duck ist auch heute noch wunderbar lesbar und der Humor dieser Comics ist von der Art, die zufriedenes Schmunzeln und heitere Befriedigung mit sich bringt. Und das ist manches Mal genau das, was man braucht. Nicht mehr, nicht weniger.
— Bill Watterson: Calvin und Hobbes. Wenn man die nicht kennt, sind sie nicht wirklich erklärbar. Aber sie gehören zu den ewig besten Comic-Strips, die man je lesen wird. Weise, voller Humor und Wahrheiten. Und der Meinung bin ich nicht allein.
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Ein kurzer Besuch auf der Bühne:
Hier mag ich Leute wie George Carlin, Ricky Gervais, Lisa Eckhart, Michael Mittermeier, Gunkl, Torsten Sträter, Otto Waalkes, Jimmy Carr.
Wahrscheinlich habe ich hunderte Leute vergessen, die ich darüber hinaus noch schätze, aber nur flüchtig von Videos kenne – das sind vorwiegend englischsprachige und anderssprachige Comedians, für die ich Untertitel brauche, sowie darüber hinaus hunderte Leute, die ich früher mal geschätzt habe. Da sind im Laufe der Jahre sehr viele Kabarettisten/Komiker/Comedians gewesen, die verschwunden sind, oder einfach nur mehr müde Standards abspulen, die ich nicht mehr interessant finde.
Aber das spielt nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind die, die ich mag und jene, die ich nicht ausstehen kann. Für mich ist das eindeutig. Die einen schätze ich für ihren Humor, ihren intelligenten Zynismus, den Sarkasmus, den trockenen Witz, die anderen für … gar nichts. Denen fehlt alles. Das sind dann für mich Leute wie Mario Barth, Atze Schröder, Hape Kerkeling, Ingo Appelt, Pocher, Elton, Olli Dittrich, und eine ganze Menge mehr davon.
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Nachgedanken:
Es versteht sich von selbst, dass diese Art von Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Sie nennt bloß Namen, die mir mit ihrem Gesamtwerk wichtig sind. Dann ist das eine Aufstellung, die nur für mich von Bedeutung ist, eure Liste mag völlig anders aussehen und das ist okay so. Es wäre schade, wir hätten alle denselben Humor. Und es ist toll, wenn jeder Comedian von seinem Schaffen leben kann. Das ist beschissen schwer und verdient Respekt, auch wenn man selbst nicht davon angesprochen wird.
Darüber hinaus wird mir beim durchsehen der Liste auch klar, dass sie für euch, die ihr euch bis hierher durchgekämpft habt, nicht viel erklärt. Klar, für mich ist es eindeutig, warum manche Leute ja und andere Leute nein. Aber für jemanden, der mich nicht kennt, mag diese Aufzählung völlig jenseitig oder unverständlich erscheinen.
Wie ich schon eingangs erwähnt habe, mein Humor ist breit gefächert und genau das – es ist bloß mein Humor. Er ist für niemanden sonst von Wichtigkeit. Das sinnvollste, was man sich von einer Humor-Liste erwarten darf ist, dass jemand neugierig ist und mal nachschaut, ob er oder sie auch davon angesprochen wird.
Ich habe eingangs auch erwähnt, dass die Liste vielleicht manche meiner Bücher erklärt. Tut sie aber absolut nicht, das muss ich jetzt erkennen, tut mir leid. Überrascht mich selbst ein bisschen. Ich dachte, es wäre dadurch klar, dass ich meine Bücher oft sehr lustig finde, obwohl es wohl für 90 Prozent meiner Leserinnen und Leser keinen Humor darin zu finden gibt. Aber der Umstand lässt sich nicht aus dieser Übersicht ableiten. Hätte ich anders erwartet. Interessant. Vielleicht wird das bei einer Horror-Liste oder eine Science-Fiction-Liste deutlicher. Mal probieren.
Und noch etwas ergibt sich für mich aus dieser Aufstellung. Mein Humor scheint eher “altmodisch” zu sein.
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Erkenntnis:
Es hat mir mehr Spaß als gedacht bereitet, die Liste zu erstellen. Und nachdem ich mich schon mal mit der einen oder der anderen Top-10 Liste beschäftigt habe, und sehe, dass das im Grunde genommen nichts anderes ist, werde ich wohl auch anderen Themen auf diese Weise abarbeiten.
Ob das wohl auch möglich ist, wenn es um Erotik bzw. Sex geht? Ich habe jetzt gerade zwar keinen Plan, wie das machbar ist, aber vielleicht fällt mir etwas ein. Könnte peinlich sein, wenn man es verkehrt herum angeht. Oder viel zu obszön? Na ja, wie gesagt, noch keine Idee, was das werden kann.
Nun denn, bis zur nächsten Liste, welcher Art auch immer.
Danke fürs Lesen. Habt euch lieb und passt auf euch auf.
John
Vorsicht, der Beitrag kann Spuren von Humor, Satire und Zynismus enthalten (der Autor enthält sie gewiss).
Der Beitrag [SUBJEKTIVE SICHT]: Meine Art Humor erschien am 17.04.2023 auf JohnAysa.net …