Willkommen zur Leseprobe von Höllenbrut, einem kinetischen Horror-Roman voller Blut, Sex und überdrehter Dämonen. Die nachfolgende Passage des Romans ist der Prolog, der gleich mit voller Geschwindigkeit loslegt. Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Danke für das Interesse und gute Unterhaltung!
DIE TEUFEL TANZEN
Die Geschichte klingt vertraut: Eine Gruppe von Freunden, ein Party-Wochenende in einem einsamen Haus tief in den Wäldern. Es gilt, einen runden Geburtstag angemessen zu feiern: Sex, Drogen, Alkohol Doch das Unheil hat radikal andere Vorstellungen davon, was eine richtig geile Party ausmacht.
Zwei simple Fragen, die einzig mögliche Antwort ist blutgetränkt und schmerzerfüllt:
WER ÜBERLEBT? ÜBERLEBT WER?
Das vollständige Buch hat einen Umfang von 288 Seiten. Es enthält als Bonusmaterial 2 alternative Versionen der Geschichte.
Höllenbrut: … AMAZON: Kindle … Paperback …
Nass zwischen den Beinen
Die Chronik des Bösen und Banalen:
Der Menschheit Größe wird durch die unsägliche Dummheit ihrer Massen geschmälert. Zwar mögen einzelne Individuen zu herausragenden Leistungen fähig, sein, doch geht dieses Potenzial zu oft in Habsucht, Egoismus, Ignoranz unter, wird durch Kriege, Sadismus und Grausamkeiten ausgelöscht.
Die Schuldigen sind jene Menschen, die über genug Macht verfügen, die Welt zum Besseren zu ändern, dies aus Eigensucht unterlassen, sogar ins Gegenteil verkehren. Mit ihrem irrwitzigen Handeln öffnen sie jenen Kräften das Tor, die hinter dem dünnen Schleier der vorgeblichen Realität lauern und nur darauf warten, diese bescheidene Trennwand niederzureißen.
***
Obszönes, atemloses Keuchen und hektisches Wispern, direkt sexuell erregt anmutende, aufgeregt flüsternde Stimmen, begleitet von einem Rascheln wie von trockener Haut oder von brüchigem Stoff, von kratzenden Fingernägeln, Striemen der Lust und der erfüllenden Pein auf dem nackten Rücken hinterlassend.
Eine Kakofonie der Erregung und der Angst, der Lust und des Schreckens erfüllte die Luft um sie, schwängerte sie mit einem Hormoncocktail, der die Sinne in Aufruhr versetzte.
Ihr von Panik beschleunigter Atem begleitete laut keuchend die schnellen aufeinanderfolgenden Geräusche der Schuhsohlen ihrer zerkratzten 1460er, als sie mit hastigen Schritten vorwärts hetzte. Nackte Angst nahm hämisch kichernd ihre Sinne in Beschlag und kitzelte die ohnehin gereizten Nervenenden.
Wie war das geschehen? Was sie verfolgte, hatte nichts mit der Realität zu tun, widersprach allem, was der aufgeklärte Mensch über die Welt wusste, genauer, was sie nach dem Erlebnis zu wissen meinte.
Das grundlegende Bewusstsein über die Welt, die Wahrheit und das Sein war ihr ins Gesicht explodiert und hatte die Tünche der Moderne bis hinunter zu den Grundmauern des primitiven, von Angst und Unverständnis geplagten Höhlenmenschen abgetragen.
Technik, Mathematik, die Naturwissenschaften generell. Physik, Astronomie, Logik. Biologie. Nichts, absolut nichts von all der Scheiße, an die sie sich verzweifelt klammerte und die sie als das Absolutum des Daseins ansah, nichts davon war kompatibel mit dem, was sie gesehen, gespürt und am eigenen Leib erfahren hatte.
Und doch war es ihr geschehen. Unartikuliert schreiend war sie gezwungen gewesen, den Schrecken zu schmecken, zu riechen, die ungeheuerliche Perversion zu ertasten und zu fühlen. Samtig und schmierig, glatt und rau, voller Widersprüche hatte sich das Grauen angefühlt. Und dabei, oh, wie schrecklich die Erkenntnis, dass der Schrecken eine erregende Seite hatte.
Wie lustvoll und dreckig diese Berührung gewesen war, eine wüste Überladung der Sinne. Ein Stromschlag der Ekstase. Angst und Ekel hatten sie zum Schreien verführt, während sie ihre Erregung in einem heftigen, orgastischen Squirting in die Hosen entladen hatte. Heiße Nässe, die in ihrem Schritt explodiert war, ein Orgasmus, der ihre Nippel schmerzen ließ.
Keiner ihrer Männer war jemals fähig gewesen, ihr einen derart rauen und geilen, rücksichtslos wilden Höhepunkt zu bescheren. Ein Kommen, das für die Dauer des Wirkens ihren Verstand in Nudelsuppe verwandelt hatte.
Was für eine überwältigende Empfindung. Der heftigste sexuelle Höhepunkt ihres Lebens. Und das ausgerechnet in einer Situation, die kaum weniger für derartige Sinneseindrücke geeignet war, sich schlicht nur mit dem Hilfsausdruck beschissen bezeichnen ließ.
Wie es ihr hatte gelingen können, sich von der alles überwältigenden Lust loszueisen, keine Ahnung. Lebensrettende Instinkte?
Hier war sie, auf der Flucht vor einer unbekannten, in vielerlei Hinsicht beängstigenden Macht, obwohl sie ursprünglich nur einem der interessanteren Aspekte ihrer Arbeit nachgegangen war. Etwas, das die Mühen des Studiums zu relativieren versprochen hatte. Die eine Sache, dazu gedacht, ihr Einkommen auf ein angenehmes Niveau zu heben. Aber das hatte nicht funktioniert. Teufel auch, und wie radikal ihr Vorhaben den Bach runtergegangen war. Jetzt rannte sie wie eine verrückte Lola durch dieses verfluchte Bauwerk.
Perverserweise begleitete sie ein Song, der durch ihren Kopf hallte und der Refrain trieb sie vorwärts – In the Year 2525. Von wem das war, hatte sie vergessen, das Lied war relativ neu und bisher hatte sie ihm nur marginal Aufmerksamkeit geschenkt.
Wie abartig und unpassend. Nein, im Gegenteil, passender ging es kaum.
Das trüb orangenfarbene Licht reichte nicht aus, um Schatten, Winkel und Ecken zu erhellen. Es verbarg und verschleierte Umrisse, enthüllte nur zögerlich. Es ließ sie nicht vorhandene Bedrohungen klar vor Augen sehen. Ihre Sinne fielen auf dieses Spiel hinein, erschreckten und verängstigten sie tröpfchenweise.
Was sie zu sehen bekam, vermeinte zu sehen, was ihr vielleicht nur vorgegaukelt wurde, war dazu angetan, den rationalen, auf Fakten und Beweise ausgerichteten Verstand mit Schwung aus der Kurve zu tragen, um ihn Visage voran gegen eine hundertjährige Eiche zu schmettern, dass das Blut zu beiden Seiten spritzte.
Sie fuhr mit dem Ärmel über das Gesicht, wischte den Schweiß weg. Angst trieb sie vorwärts, drückte unangenehm auf die Blase. Nicht mehr lang und sie musste pissen, eine Maß voll, wie es sich anfühlte, aber Gott, wie erleichterte man sich, wenn man das Leben bedroht sah und das gesamte Dasein auf den Kopf gestellt wurde?
Schon jetzt entkam ihr die von Angst aus der Blase getriebene Pisse – tropf, tropf, tropf, perlte die Schneemaß aus ihr – in den schlichten, schwarzen Slip aus Baumwolle, und bescherte ihr ein unangenehm klammes Gefühl im Schritt, das sie perverserweise trotz des Panik-Supergaus deutlich wahrnahm.
Die Überhöhung der Sinne in einer lebensbedrohlichen Situation war eine großartige Sache, um den Arsch zu retten. Beschissenerweise fand sie diese Reizüberflutung mit Details unangenehm genug, um sie von der wahren Gefahr abzulenken, die ihr auf den Fersen war.
Verkneifen oder laufen lassen. Das waren die Alternativen. Beides war dazu angetan, ihr auf die Nerven zu gehen und sie zu stressen. Trotzdem, in jedem Fall besser als alles, was ihr sonst blühte, so sie nicht schleunigst von hier verschwand.
Setz deinen Arsch in Bewegung, du dumme … Fotze!, schalt sie sich. Sie mochte speziell dieses Wort so gar nicht, aber im Moment nahm sie alles her, was sie motivierte, sie von einem hochsteigenden Anfall hysterischer Angst abzulenken. Es ging um Leben und Tod.
Ihre Finger tasteten die Wände zu beiden Seiten entlang. Sie streiften abblätternde Tapeten, Risse im Verputz, Unebenheiten und schmierigfeuchte Stellen – Schimmelpilz, der sich häuslich niedergelassen hatte, gekommen, um zu bleiben. Die vernachlässigten Bereiche des Gebäudes boten optimale Bedingungen für sein Gedeihen.
Sie hatte die Situation so grundlegend falsch eingeschätzt, wie es niemals hätte passieren dürfen. Aber theoretische Forschungen offenbarten die Wahrheit nur bis zu einem gewissen Grad. Vor allem, wenn man den Pfad der reinen Wissenschaft in unbekannte Gefilde verließ.
Sie war in die Irre gelaufen. Aber vollständig. Ein Debakel.
Etwas knirschte unter ihren Schuhsohlen und sie erstarrte, verdrehte die Augen, um abwärts zu sehen. Ein Angstfurz entkam ihr. Die Realität löste sich auf.
Unübersehbare Spuren von Verwahrlosung generierten optische Täuschungen und Illusionen von bedrohlichen Schatten und Bewegungen, wohin das Auge reichte.
Laute, von denen unklar war, ob sie außerhalb ihres Kopfes auch zu vernehmen waren.
Die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verwischten zusehends, für ihre labile Psyche suboptimal.
Dreck. Scheiße. Dreck. Scheiße.
Scheißdreck.
Rotz lief ihr aus der Nase, während sie durch den Korridor torkelte. Sie zog ihn hoch, hustete, als sie sich am Schleim verschluckte. Lidschatten, Schweiß und Tränen schminkten sie neu.
Wieso nur war sie hierher gekommen? Welche Wahnvorstellung hatte sie dazu bewogen? In einem nur wenig erforschten Randgebiet der seriösen Wissenschaft eine bahnbrechende Entdeckung zu machen?
Welch ein Unsinn.
Sie hatte ausreichend über Unterlagen und Daten verfügt, um eine umfangreiche, theoretische Arbeit an den Beginn ihrer Forschung zu stellen. Ein Feldtrip als Höhepunkt und Abschluss dieser Reise. So hätte es laufen müssen. Stattdessen hatte sie der kleine Finanzierungsbeitrag der Universität zu größenwahnsinnigem Handeln verleitet.
Warum nur, oh, weshalb hatte sie dem Größenwahn der persönlichen Vor-Ort-Recherche nicht widerstanden? Wissen? Plausibilität? Selbstdarstellung via Feldforschung? Notwendigkeit?
Verdammte Scheiße! Dummheit und Leichtgläubigkeit. Ihre alles dominierende, idiotische Neugierde, dreimal verflucht. Sie konnte die Wissbegierde rational und beruflich begründen, aber unterm Strich blieb nur purer Voyeurismus. Eine akademisch begründete Peepshow zur Egomasturbation.
Und Besessenheit, was das Myzel betraf. Dieses Wurzelwerk der Wirklichkeit, verankert in der wechselseitigen Beziehung zu einem weit größeren pilzartigen Lebewesen, das nach vorsichtigen Berechnungen zumindest jene Galaxis durchwucherte, die im Schatten der Milchstraße, auf der anderen Seite der Realität, existierte.
Jetzt, wo die aufregende Theorie der mörderischen Praxis gegenüberstand und heillos davon überrollt wurde, klang das grotesk lächerlich.
Eine Absurdität.
Sie setzte zum Weinen an, schlug eine Hand vor den Mund, verdammte sich zum tausendsten Mal. Sie war offenkundig unerwünscht, Punkt. Sie musste aus diesem verdammten Stockwerk raus.
Ein Haus war ein geschlossenes System. Darin ließ sich jeder Ort finden, besonders, wenn man ihn schon einmal betreten hatte. Wo war dieses angeberische, offene Treppenhaus?
Die Dimensionen waren schlossartig, aber die Ausmaße endenwollend.
Nein.
Pure Boshaftigkeit verhinderte, dass sie ihren Weg fand.
Sie stieß gegen ein Hindernis. Schrie auf, fiel auf den Hintern. Ein von Angst und Schrecken aus der Blase gedrückter Strahl Pisse spritzte warm in die Hosen. Sie rutschte hektisch rückwärts, Schuhsohlen schrammten über abgewetztes Parkett, bis sie erkannte, was passiert war.
Sie war gegen die Wand gelaufen. Himmel, Arsch, Scheiße nochmal! Eine simple Mauer hatte ihr einen platschnassen Schritt beschert. In ein paar Jahren würde sie diesen Moment sicher lustig finden.
Sie hatte Gefallen eingelöst, Versprechen gegeben und ein absurdes Blendwerk aufgezogen, um Fragen beantwortet zu bekommen, die außerhalb ihrer Fachbereiche und Kenntnisse lagen. Sie hatte mit klischeegefütterten Verhaltensweisen abgelenkt und gereizt, in ihrem Ehrgeiz, zu einer sexuellen Gefälligkeit herabgelassen.
Das hatte wenigstens zu einem netten Verhältnis geführt. Wäre ihr Vorgehen ruchbar geworden, es hätte die aufknospende Karriere schlagartig ruiniert. Vor allem auch der sexuellen Seltsamkeiten wegen, die es in der Beziehung gab. Solche Sachen wurden immer publik.
Dumm, dass sie die angebotene Hilfe ihres Freundes abgelehnt hatte.
Aber verdammt, sie war clever, nach dem Krieg geboren und das Zeitalter des Wassermanns war angebrochen. Sie brauchte keine Hilfe. Sie war eine Januargeborene, sie war Aquarius.
Selbstbewusstsein, das viele Fragen hatte. Die Summe der Antworten war dazu angetan, die Wirklichkeit zu kippen. Aber zuerst brauchte es handfeste Beweise, die nur an wenigen Orten auf der Welt zu finden waren. Das Gebäude war einer davon. Erfüllt mit dem totholzigen Beigeschmack von Irrealität und Wahnsinn.
Der Mief der Gezeitenkriege, das Pacem Parabellum, hing wie Nebel unter der Decke des Flurs und tropfte in schleimigen Fäden auf sie herab. Sexuelle Erregung und Lust an Gewalt erregten sie bis in die Haarspitzen.
Sie kicherte hysterisch.
Verfassung und Lichtverhältnisse hatten sie in die Irre geführt, die Biegung im Korridor übersehen lassen. Die hysterisch-panische Erleichterung darüber entließ eine weitere Ladung Nass aus ihrer Blase. Ein Schwall Wärme an den Innenseiten ihrer Schenkel. Heißer Atem und eine leckende Zunge. Ihre Brustwarzen prickelten.
Gottverdammt. Panik befeuerte Geilheit.
Die zwanghafte Lust, sich im Angesicht von Lebensgefahr zu paaren, nahm sie an der Hand, führte sie in den Raum mit den Peitschen, Würgehalsbändern und den samoanischen Godemiché aus Elfenbein.
Eines fernen Tages war dieses nasse Erlebnis eine höchstwahrscheinlich lustige Erinnerung. Für sie. Ob sie jemals davon erzählen konnte, wie sie sich vor Angst und Schrecken angepinkelt hatte, war fraglich. Zu peinlich.
Sie rappelte sich auf, hinterließ einen feuchten Fleck auf den Dielen. Großartig. Ein deutlich erkennbarer Abdruck ihres Arsches. Gar nicht schlecht. Irgendwo zwischen Twiggy und gebärfreudigem Becken angesiedelt.
Sie würde sich an den Hüften packen und von hinten ficken. Höschen beiseite und rein mit dem Lümmel. Zugegeben, dieses perverse Rasieren da unten hatte was.
Sie kannte es nur vom Hörensagen, aber ein Arschfick war angeblich eine der geilsten Sachen überhaupt. Besonders, wenn die Frau am Bauch lag und die Schenkel zuhielt. Glaubte sie gern, immerhin mochte sie schon das Wort gern, fand es bizarrerweise nicht ordinär. Arschfick. Tommy-Lee redete so und der kannte sich da aus.
Die neue Feuchtigkeit, die ihr in die Baumwolle schoss, hatte nichts mit Pisse zu tun.
Laut Tommy-Lee war ihre Statur ideal, um sie in den Arsch zu ficken. Zum Glück waren nicht alle Männer scharf darauf, sich an spitz hervorspringenden Knochen blaue Flecken zu holen.
Über die Spur am Boden gedachte sie, bis zum Tod keine Silbe zu verlieren. Ebenso wenig über ihre Gedanken in diesen Momenten der Lebensgefahr. Immerhin wusste sie jetzt, was es brauchte, damit sie die Kontrolle über die Blase verlor. Wieder etwas gelernt. Alles Übel hatte was Gutes. Binsenweisheit mit wahrem Kern.
Verzichtbares Wissen, aber wertvoll, bereichernd.
Sie erschnupperte den scharfen Duft ihrer Pisse und verzog das Gesicht. Kein Geschmack, der ihr zusagte. Ätzend, konzentriert. Stundenlang nichts getrunken, ebenso lang zurückgehalten, was jetzt entkommen war. Dunkelgelbes Nass.
Igitt.
Sie rotzte nochmal in den Ärmel, tat einen Schritt. Ihr linker Oberschenkel verpasste ihr einen gemeinen Stich, knickte ein. Aufstöhnend fing sie sich ab, tastete das Bein entlang, und fand einen Nagel, der darin steckte. Verdammter Mist. Verwundert starrte sie auf das alienartige Objekt in ihrem aufgebohrten Fleisch. Wie war das Ding hierher gekommen? Scheiße. Falsche Art der Penetration. Getrocknetes Blut klebte die Hose an die Haut, der Stoff spannte und ziepte.
Nass und klamm, blutig und klebrig. Mit auffaserndem Loch. Die neuwertige Mustang-Jeans war im Arsch.
Sie biss knirschend die Zähne zusammen, packte mit spitzen Fingern zu, zog das verbogene Mistteil aus dem Bein, hechelnd, als wollte sie eine jenseitige Kreatur gebären. Vor zehn Jahren war sie durch eine Glasscheibe gefallen und der Sturz hatte ihr sechzehn Zentimeter Scherbe in voller Länge tief im Oberschenkel beschert. Das Teil war wie eine Klinge aus Solingen ins Fleisch geglitten.
Im Krankenhaus hatte man die Hose vom Bein geschnitten und das Glas aus der Wunde gezogen. Der Schnitt war aufgeklafft wie eine erregt geschwollene, saftige Vagina. Der Arzt mit dem Feingefühl von Josef Mengele hatte ein Dutzend grober Stiche gebraucht, um den Schnitt zu vernähen.
Eine weiße Narbe war geblieben. Sie zu berühren war erregend. Sie war ziemlich sicher pervers.
Das frisch genagelte Fickloch schmerzte ähnlich.
Slurp. Der Nagel glitt heraus. Blut tropfte von der Spitze wie Ejakulat von einem Penis. Sie betrachtete das miese Stück Metall. Es war krumm und rostig, hatte einen schwanzförmig gekrümmten Tunnel in ihr Fleisch gebohrt. An dieser Stelle würde eine winzige Spur im Bein zurückbleiben, eine helle, annähernd kreisförmige Narbe. Wenn schon Bockmist, dann ordentlich, nicht wahr?
Der Nagel bedeutete überdies eine Tetanus-Injektion, sobald sie hier draußen war. Sie hasste Spritzen. Die verdammten Nadeln schmerzten jedes Mal, völlig gleichgültig, was irgendein Quacksalber behauptete.
Was gäbe sie jetzt nicht für ein reinigendes, erholsames Bad, mit bunten Badezusätzen, die dezent dufteten, aber Unmengen an Schaum hervorbrachten. Darüber balancierend eine Schüssel Vanillepudding mit Schokorosinen obendrauf, die sie in aller Gemütlichkeit mampfte, während sie Blubberblasen ins Schaumbad furzte.
Die Vorstellung dieses dekadenten Zeitvertreibs bescherte ihr einen sexuellen Höhepunkt. Schaumbad, laute Musik, sich selbst unsittlich berühren. Tröstliche Gedanken. Es schüttelte sie, ihr entkam ein gutturales Stöhnen und sie krampfte kurz zusammen. Ja, sie war definitiv pervers.
Ein Orgasmus. Ausgerechnet jetzt.
Schaumbad, ich komme, wenn ich nicht nochmal komme. Ächzend setzte sie sich wieder in Bewegung. Bald. Mach dir nicht ins Hemd. Du bist in Kürze hier draußen. Dort am Parkplatz steht dein Auto. Dann kannst du baden, bis dir die Haut vom Körper rinnt.
Die rote Giulia Sprint, die ihr Vater ihr in einem ungewohnten Anfall von Großzügigkeit zum Geburtstag geschenkt und verwirrenderweise immer Alfa GT genannt hatte, wartete treu und zuverlässig vor diesem verdammten Haus des Bösen auf sie. Damit ließ sich schnell von hier verschwinden. Einzig erreichen musste ihr treues Fahrzeug. Sie bezweifelte, dass irgendeine Erscheinung oder Personifizierung des Bösen mit dem Tempo der Giulia mithalten konnte.
Die Wand neben ihrem Kopf verbeulte sich knirschend. Ziegelstaub pustete in den Korridor, die schimmelige Tapete zerriss in schmale Papierstreifen, die wie im Luftzug eines Ventilators flatterten. Sie sprang erschrocken beiseite, rempelte schmerzhaft die gegenüberliegende Wand.
Ein Gesicht, höhnisch grinsend.
»Buh!«, sagte es und bleckte Ziegelzähne.
Die Realität zersplitterte.
Sie kreischte. Hämisches Kichern flatterte wie tausend Schmetterlinge durch die Luft, folgte ihr, als sie rannte, hinkend, hastig. Bloß weg von hier.
Ob-La-Di, Ob-La-Da, höhnte der dämliche Refrain der aktuellen Nummer der Beatles durch ihren Verstand.
Das Flüstern kam rasch näher, seine Krallen kratzten über den Holzboden, während es ihr auf schnellen Pfoten hinterherlief. Traps, kratz, traps, kratz, traps, kratz. Mehrere Stimmen raunten ihr heiser und erregt Schweinereien und Grausamkeiten zu, unterbreiteten ihr obszöne Angebote, die sie in keinem der echten Sexfilme je vernommen hatte. Dabei kannte sie einige Sachen, die man nur hinter vorgehaltener Hand zum Thema machte.
Einiges davon war sie im Rondell-Kino anschauen gewesen, wobei ihr die Streifen, in denen man alles sah, gar nicht mal so gefallen hatten. Ihr hatte mehr das im Vergleich harmlose Filmchen mit der ausgesprochen hübschen Dagmar Lassander am ehesten zugesagt. Dass die Jungs den derberen Sex und diese langweiligen Kolle-Streifen bevorzugten, war normal. Aber sie fuhr auf die Lassander ab und auf Romina Power in dem Justine-Film mit Kinski. Der sah zwar völlig verrückt uns und gab sich auch so, zugleich aber wirkte er wie einer, der dir im Bett jeden ausgefallenen Wunsch erfüllte.
Das Hecheln klang eindeutig nach sexueller Begierde.
Großartig. Perverse, geile Gespenster. Genau, wonach sie sich gierte.
Endlich, die Treppe. Sie gab einen erleichterten Laut, ein hustend keuchendes Wimmern, von sich. Gleich war sie hier draußen. Nur mehr die Stufen runter und schnurgerade raus durch die Tür.
Sie hetzte zum Absatz, tat den ersten Schritt und rutschte an der Kante der dritten Stufe ab. Verlor das Gleichgewicht, fiel nach vorn, bekam mit einem verzweifelten Griff das Geländer zu fassen, glitt ab, prallte auf die Stiegen und purzelte unkontrolliert hinunter.
Ein schwerer Schlag trieb ihr die den Atem aus den Lungen. Stöhnend und krampfhaft nach Luft schnappend blieb sie liegen, desorientiert, mit schmerzendem Körper, als wäre sie von Kopf bis Fuß verprügelt worden. Die Innenseiten ihrer Oberschenkel fühlten sich bis hinab zu den Socken warm und nass an.
Das Problem der vollen Blase hatte sich soeben mit einem kräftigen Spritzer und ebenso intensiv riechend endgültig gelöst. Von der positiven Seite aus gesehen war das völlig in Ordnung, eine Sache weniger, die sie plagte.
Sie lag auf dem Bauch und ihre Brüste schmerzten. So ein Dreck, eine Angelegenheit mehr, die sie plagte. Sie würde aussehen, als hätte sie Schläge kassiert. So konnte sie unmöglich herumlaufen. Die nächsten Wochen waren die lästig beengenden Büstenhalter unter den Blusen obligatorisch.
»Auuuu.«
Gottverdammt, verflucht und halleluja. Was für eine … Scheiße. Das war ein im Vergleich milder Ausdruck dafür, wie sie sich im Moment fühlte. Nass und zerschlagen. Großartig. Stöhnend stemmte sie sich auf die zittrigen Arme, drehte sich zögerlich herum.
Sah die Gestalt über sich stehen.
Hörte das Klirren von Ketten. Sah mit wilder Schärfe die pendelnden, schabenden Kettenglieder vor sich.
Was ist das nur mit dem Metall und dem Rost, fragte sie sich verwirrt und geriet in Wut über die Zumutung, die ihr hier aufgezwungen wurde..
»Arschloch«, kreischte sie. Heißer Zorn stieg in ihr hoch, auf die verfluchte Gestalt, die all die Schmerzen und Angst und abstoßenden Gerüche mit sich brachte. Sie sah hoch. Ihre Wut verflog so schnell, wie sie gekommen war.
Smuts. Skit.
Hastig und auf allen vieren bemühte sie sich, die Stufen hinunterzuklettern, ohne auf das Gesicht zu fallen.
Sie wurde auf die Füße gerissen.
Sie schrie, kämpfte darum, sich dem mörderischen Griff zu entwinden. Schlug mit der Faust in die Schwärze. Berührte etwas, das sie vor Ekel zum Kotzen brachte. Sie spie ihren Mageninhalt auf die Kapuzengestalt vor sich.
Die reagierte weder auf das Erbrochene, noch auf die Schläge.
Trotzdem, nochmal.
Wie rasend drosch sie auf ihren Häscher ein. Endlich, ihr letzter Fausthieb entriss sie dem Zugriff. Sie fiel, rappelte sich auf, hastete die Treppe hinunter.
Ein wuchtiger Hieb traf ihre Rückseite, brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie fiel vorwärts. Die Welt kreiselte vorbei. Schwindel, Übelkeit, der Drang, nochmal zu kotzen. Stiege, Decke, Wand, Geländer, alles in stroboskopblitzender Abfolge, wild durcheinander.
Ihre Arme und Hände waren völlig unkoordiniert und taten nichts, um den Sturz abzufangen. Sie krachte mit dem Schädel voran auf die erste, zweite, die dritte Stufe. Aua, verflucht. Immer auf den Kopf. Das nervte.
Endlich Stillstand. Erleichtert versuchte sie, tief durchzuatmen, aber aus irgend einem Grund klappte das nicht.
Sie blinzelte.
Was war das für eine merkwürdige Perspektive? Hatte sie sich zu guter Letzt ein paar Knochen gebrochen und war zur Gummipuppe geworden? Sie starrte geradeaus, obwohl sie auf den Treppen lag, konnte deutlich ihren Körper sehen. Wie ging das an? War ihre Wirbelsäule kaputt und sie vom Hals abwärts gelähmt? O Gott, bitte nicht. Die Vorstellung war zu grauenhaft. Es juckte sie im Hals.
Dem irritierten Augenaufschlag folgte das Verstehen.
Der Körper vor ihr, das war sie. Aber was sie sah, war ihr nasser, sexy Arsch und … heilige Scheiße … ein kopfloser Rumpf!
Blut pumpte aus dem Halsstumpf.
Zischpffff machte es, während es rot und rhythmisch zwischen den Sprossen des Geländers hindurch spritzte. Irgendwie … faszinierend. Auf seine Art überaus obszön.
Eine bluttriefende Klinge zog an ihr vorbei, eine Spur perfekter, roter Sphären hinterlassend, die schwungvoll und elegant außer Sichtweite wirbelten. Die Waffe verschwand in der an den Rändern einsetzenden Verfinsterung des Blicks. Das Arschloch hatte sie geköpft!
Sie war … ach du Scheiße! Sie war tot!
Mit dem Begreifen setzte die Panik schlagartig aus und heitere Ruhe erfasste sie.
Ich habe meinen Kopf verloren, dachte sie amüsiert, ich bin geköpft worden. Scheiße, ich sterbe in angepissten Hosen. Ist das peinlich!
Barry Ryan und Eloise begleiteten sie in die Finsternis.
Irgendwo im Haus schlug eine Uhr. Diese verfluchte Uhr.
Schwärze.
Danke für das Interesse!
Wer weiterlesen möchte, kann das Buch als Paperback und eBook erwerben:… AMAZON: Kindle … Paperback …