ChatGPT, Midjourney, Bard, und wie sie alle heißen mögen, die so genannten künstlichen Intelligenzen, deren Schöpfer so viel versprechen. Momentan sind sie DAS Thema schlechthin. Es ist naheliegend, dass man sich als Autor auch mit dem Thema KI befasst, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Und da ich das tue, zugegeben oberflächlich, für viele technische Aspekte fehlt mir einfach grundlegendes Wissen, gebe auch ich mal meinen nicht rasend qualifizierten Senf ab und wie ich die Sache aus jetziger Sicht betrachte. Schließlich ist der Gedanke naheliegend, dass man sich per ChatGPT eine Story erschafft und diese in der einen oder anderen Form publiziert.
KI ist nur ein Werkzeug
Ist also der Autorenberuf in seiner grundlegenden Form bedroht? Nein, denke ich. Zum einen sind diese KIs (denen man derzeit das “I” noch absprechen kann) noch einige Zeit nicht soweit, durchgängig Texte zu verfassen, die nicht von einem Menschen überarbeitet werden müssen. Ja klar, wenn jemand wie John Scalzi sich den Spaß erlaubt, von ChatGPT etwas verfassen zu lassen, dann klappt das recht gut, weil die KI auf jede Menge Textbeispiele zurückgreifen kann, um seinen Stil zu imitieren. Aber wem soll das nützen? Außer Scalzi, wenn er mag, niemanden. Weil es lächerlich offensichtlich ist und man davon ausgehen darf, dass das auffliegt.
Ich glaube, es war das Magazin Strange Horizons, dass vor einiger Zeit einen Aufnahmestop für Stories verhängt hatte, weil sie mit KI-Geschichten geflutet wurden. Leider habe ich den Bericht darüber nicht mehr gefunden. Also, völliges Mittelmaß in der Qualität der Texte, wenn kein berühmtes Vorbild vorhanden ist, um darauf zurückzugreifen. Man müsste den Text so stark überarbeiten, um ihm eine persönliche Note zu verleihen, dass es sich kaum mehr lohnt, ihn anfertigen zu lassen. Über früher oder später werden Algorithmen in der Lage sein, selbst KI-Texte besserer Qualität als solche zu erkennen. Und das ist, wenn nicht vorab klargestellt, für den angeblichen Verfasser nicht so toll, wenn das auffliegt.
Das mag bei Sachtexten recht passabel angehen, oder bei simplen Blog-Einträgen, wobei man auch da aufpassen muss. Blogger ohne eigenen Stil oder Schrullen, die sie auszeichnen, werden nicht viel Publikum locken können, wenn die Texte so beliebig erscheinen, dass nicht klar ist, ob eine KI oder ein Mensch hier gestümpert hat. Ich denke also, dass die nächsten Jahre Autorenjobs nicht wirklich wegfallen. Wie es dann aussieht, ist eine völlig andere Geschichte. Darüber hinaus bin ich auch nicht sicher, wie es letzten Endes mit dem Copyright der so geschaffenen Texte aussieht, da habe ich noch nichts gelesen, was mir eindeutig erscheint. Oder bloß überlesen.
Das Werkzeug nutzen, wie man es braucht
Die KI ist aber auf jeden Fall ein hilfreiches Werkzeug. Sie kann als Lieferant von Idees und Exposes herhalten und damit einem Autor helfen, eine Geschichte auszufeilen, in der er nicht weiterkommt zum Beispiel. Auch für Recherchezwecke und verständliche Zusammenfassungen von komplexen Themen kann sie hilfreich sein – wenn sie sich an Fakten orientiert. Was nicht immer der Fall ist, schließlich greift solch ein Maschinenwissen auch nur auf Informationen zurück, die von Menschen stammen. Und die sind nicht immer vertrauenswürdige Quellen für Informationen. Bis eine tatsächliche künstliche Intelligenz das alles auseinanderfiltern kann, wird wohl noch einige Zeit vergehen, stelle ich mir vor.
Also, die KI als kleines Helferlein, wie die clevere Glühbirne von Daniel Düsentrieb. Der Autorenberuf wird sich sicher bis zu einem gewissen Grad wandeln, aber er wird bleiben. Der Bedarf an Geschichten, die tatsächlich von Menschen geschrieben wurden, wird nicht weniger werden, stelle ich mir vor. Jede Bewegung verursacht eine Gegenbewegung und was die Begeisterung jetzt angeht, so wird diese auch wieder abflauen und kritischer Begutachtung weichen. So wie auf liberalen Zeiten konservative Perioden folgen, die wieder durch liberale Zeiten abgelöst werden, so wird das auch mit jedem technischen Fortschritt der Fall sein.
Technik ist einfach nur ein Werkzeug, dass man richtig und den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten angepasst verwendet. Wenn ich lustig bin, dann könnte ich behaupten, dass mir schon jetzt eine – zugegeben manchmal recht dümmliche – KI beim Schreiben hilft. Papyrus Autor, die Textverarbeitung. Sie enthält einen Duden, der den Text nach bestimmten Arten von Fehlern durchschnüffelt. Das ist nichts anderes als eine winzige, extrem eingeschränkte KI, die den vorgegebenen Parametern folgend ihr Ding macht. Und nicht viel anders ist der Stand bei sowas wie ChatGPT oder Bard – Programme, die gewissen Vorgaben folgend ihr Ding machen. Um Potenzen komplexer, aber trotzdem sind es Programme ohne Bewusstsein.
Ähnlich stelle ich mir die Sache bei den Bildern vor. Vielleicht setzt die KI ein Bild gut um, aber ohne exakte menschliche Anweisungen werden es surreale Bilder, die ebenfalls als künstliche Schöpfungen entlarvt werden können. So gut eine KI auch sein mag, ein Bild zu erstellen, es wird eine Software geben, die sie entlarvt. Dasselbe Prinzip wie bei vielen anderen Dingen. Aktion und Reaktion. Bewegung und Gegenbewegung. Und auch hier herrscht noch einiges an rechtsfreiem Raum, der gefüllt werden wird. Wie kann jetzt etwas wie Midjourney mir helfen? Beim Cover, indem es genau das umsetzt, was ich vorgebe. Also dasselbe, was auch ein Coverkünstler macht. Der Reiz mag sein, dass man weniger Geld für das Bild benötigt und die Software nicht widerspricht oder ihren eigenen Kopf hat, aber das kann genauso ein Nachteil sein. Es fehlt das Korrektiv eines geschulten Auges. Und so wie in den Anfangszeitden des Self-Publishing die beschissenen Cover überwogen haben, so wird es auch beschissene Bilder von Midjourney geben, weil die Köpfe dahinter frei von jeglichem Verständnis für die gelungene Gestaltung eines Bildes sind. Der Zeichner oder Grafiker oder Maler hingegen wird wissen, wie er dem Programm ein brauchbares Bild abringt.
Und was Musik angeht, da verweise ich auf Frostbite Orckings. Eine völlig synthetische Band. Video, Musik, alles. Gar nicht mal schlecht, wenn man Metal mag, und Metal mag ich sehr gern. Ist ein recht eingängiger Song, mit einem kleinen Makel. Er hat einen Touch von Durchschnitt an sich. Es ist ein beeindruckendes Stück Lied, wenn man weiß, woher es stammt, aber es fehlt ein zündender Funke. Es ist nicht Lorna Shore, es ist nicht The Hellfreaks, oder Arch Enemy oder Falling in Reverse. Jede der genannten Bands hat eine ganz eigene Stimme, einen ganz eigenen Klang und musikalische Eigenheiten. All das fehlt der KI-Band, die … frei von Ecken und Kanten gefällig ist. Und was, wenn die Band auf Tour gehen soll?
Terminatoren? Wer weiß.
Um es nochmal zu sagen, ich bin kein Visionär und ein absoluter Laie, was die Vorstellung angeht, wohin sich KI unter Menschenhand entwickeln wird. Ob Cyberdyne Systems Realität wird und dann die von denen entwickelte KI tatsächlich selbstständig Terminatoren auf die Menschheit loslässt? Möglich. Aber bis dahin wird es noch eine Weile dauern.
So lange es nicht soweit ist, sehe ich die Programme, die als KI bezeichnet werden, als praktische und nützliche Werkzeuge. Menschen in Kreativberufen können, oder sollten vielleicht sogar um des grundlegenden Verständnisses wegen, sich diese Werkzeuge genauer anschauen und überlegen, ob und in welcher Form sie ihnen nützlich sind. Sie können hilfreich sein. Natürlich werden diese Werkzeuge Alltag und Beruf beeinflussen und ändern, aber das hat es immer schon gegeben. Die CD, das Handy, die Erfindung des Motors, die Fotografie, und so weiter. Alles hat stete Wandlungen im eigenen Beruf verursacht. So wird es auch das KI-Werkzeug tun und zu wissen, was es anstellen könnte, und wie man es für sich nützt, ist definitiv nicht verkehrt.
Und wer weiß, vielleicht liege ich auch völlig falsch.
Danke fürs Lesen. Habt euch lieb und passt auf euch auf.
John
Vorsicht, der Beitrag kann Spuren von Humor, Satire und Zynismus enthalten (der Autor enthält sie gewiss).
Der Beitrag [GEDANKEN]: All das KI Zeug erschien am 21.04.2023 auf JohnAysa.net …