Mein Vorschlag für kalte Wintertage – ein Buch, dass das Blut in Wallung bringt. In der einen oder anderen Form. Nein, das ist völlige Scheiße. Flamingo City ist ein Buch für alle Jahreszeiten. Es temperiert beim Lesen immer passend.
Einerseits weil der Sex darin richtig gut ist. Andererseits weil das Tempo der Geschichte knochenbrechend irre ist. Wer glaubt, John Wick oder die Crank-Filme sind schnell und gestört, wird von diesem Roman eines Besseren belehrt. Mir ist noch selten eine derart rücksichtslose Ansammlung komplett überdrehter Szenen untergekommen.
Geile Scheiße, der Roman. Manche Ideen sind echt … wie kommt man da drauf?!?!? Vor allem die eine Wendung in der Handlung ist so … what the fuck?!?!?, dass ich Tage später noch nicht gerafft bekomme, wie der Herr Mulligan auf diese Idee gekommen ist – und warum? Du musst doch völlig besoffen sein, um auf diese Schnapsidee zu kommen und verkatert genug, um die dann auch noch derart umzusetzen: extrem effektiv, nutzbringend für die Geschichte und überaus erheiternd für uns Lesende. Hm? Nee, wird nicht gespoilert. Spez… neeeeeeee, haaaalt. Und dann ist da noch dieser Assa… mit seinen … psssst, kusch!
Mulligan ist unverkennbar ein Fan des B-Films, da sind doch etliche Hinweise versteckt – der offensichtlichste davon ist eigentlich das Buch selbst. Das ist pures Actionkino mit Trash-Faktor. Also, zum Beispiel, man stelle sich mal einen Film von Christopher Nolan vor, von mir aus Inception (genial), weil egal, und besetze den Streifen mit Danny Trejo, Nicolas Cage, Robert Bronzi, Jason Statham und Gina Carano. In Gastrollen sind dann Steven “Asshole” Seagal und Dolph Lundgren zu sehen. Soooooo ungefähr. Irgendwie. Oder auch nicht. Ich mag Gina Carano, aber ihre Filme …
Okay, Zwischenkapitel: Haywire ist meisterhaft und Deadpool ist nicht ihr Film, außerdem heißt sie Gina Joy Carano, verdammt nochmal – Joy! Da gab es diesen Softporno-Film, Joy und Joan, beruhend auf einem Roman von Emmanuelle Arsan, der Autorin der Emmanuelle, die sie gar nicht selbst geschrieben hat … uuups, sorry! Joy und Joan war sehr schick, ich habe ihn sogar im Kino gesehen, um Himmels Willen … und im übrigen ist der Autor des Disney-Films Bambi derselbe Kerl, dem wir die Josefine Mutzenbacher zu verdanken haben. Sooooo, das war mal so eine unkontrollierte Gehirnexplosion zwischendurch.
Weiter mit Flamingo City: Für uns andere Schreibenden ist das Buch insofern wertvoll, dass es uns daran erinnert, dass wir wirklich einfach nur die Hemmungen fallen lassen brauchen. Scheiß auf falsche Rücksichtnahme, schreib völlig ungeniert drauflos. Aber so richtig ungeniert, keine Idee ist zu blöde, um sie nicht unterzubringen. Und der Witz? Dieser verrückte Overkill funktioniert auch noch. Denn eine Sache hat Mulligan geschafft – das Buch bleibt in Erinnerung. Und wenn er den nächsten Roman rausballert, dann wird man an Flamingo City erinnert und wie verrückt und vergnüglich dieses Buch war – und peng, schon ist das neue Werk verkauft.
Eine Sache ist auch noch sehr auffällig. Im Vergleich zum ersten Roman Mayhem hat Mulligan so richtig an handwerklichem Können zugelegt. Der Stil ist immer noch ziemlich rau und Faust voraus in die Fresse – aber fuck, wie soll der Stil in einem solchen Buch auch sonst sein?
Cooles Buch, oder? Ja klar, kauft das verdammte Ding! Der Autor freut sich, der Verlag freut sich, ich freue mich, weil ich mich dann “Influencer” nennen darf, immerhin habe ich euch beeinflusst, das Teil zu erwerben, also bitte! Kauft Flamingo City! Los jetzt, es macht Spaß.
Hier die Links:
Shane Mulligan: Flamingo City …Paperback und Kindle eBook bei Amazon … oder beim Verlag …
Shane Mulligan: Steel Shock – in: Tales from the Dead … Paperback und Kindle eBook bei Amazon … oder beim Verlag …
Shane Mulligan: Breeder – in: Souled Out … Paperback und Kindle eBook bei Amazon … oder beim Verlag …
Shane Mulligan: Mayhem … Paperback und Kindle eBook bei Amazon … oder beim Verlag …
Der Mulligan ist ein cleverer Kerl. All seine Werke, zwei Romane, zwei Erzählungen, gibt es alle beim selben Verlag. Schlau, finde ich. Ist alles bei Savage Types erschienen. Dort erscheinen dieses Jahr auch noch Eric Red (das ist der Drehbuchautor dreier absoluter Meisterwerke – Near Dark, Hitcher, Body Parts) und Jeff Strand (das ist der Spinner, der ziemlich gut darin ist, Horror und Humor zu feinen kleinen Büchern zu verknüpfen). Tut mir einen Gefallen, Leute, legt euch eines der Bücher, also der schon erschienen – siehe obige Liste – aus diesem Verlag zu.
Und warum erwähne ich Savage Types? Wegen der Heftserie, an der ich dort mitarbeite. Santo Silva. So. Eigentlich sollte ich gerade daran schreiben, anstatt hier zu labern, bis mir das Blech wegfliegt.
Schau, jetzt bin ich mal clever. Habe echt noch eine Eigenwerbung in eine Buchbesprechung reingequetscht, die da gar nicht hingehört, aber trotzdem passt. Puh, beeindruckend. Kommt davon, wenn man kalten Rotwein trinkt und Basil Poledouris hört (Klendathu Drop ist das Stück in genau diesem Moment, wenn es jemanden interessiert – und nur so nebenbei, es gehört zu einem der genialsten Trash-Filme aller Zeiten – nein, den anderen).
So, gibt es irgendwas an dem Buch, das ich nicht mag? Ja, gibt es. Aber das ist eine sehr persönliche Sache, sprich, das wird wohl kaum jemanden stören, von mir abgesehen. Was? Oh, nicht lachen! Es ist die Sprache. Jaja, ich weiß. Kusch! Ich habe gesagt, nicht lachen! Immerhin ist es nur ein ganz spezieller Aspekt davon. Das Buch enthält für mich persönlich zu wenig sprachlich erkennbare Zuneigung zu Frauen. Gut, ich bin wahrscheinlich das andere Extrem, ersaufen doch meine Werke in Zuneigung und Übermacht weiblicher Hauptfiguren. Aber eben deswegen fehlt es mir hier ein wenig, auch wenn es von den Figuren her völlig klar ist, dass es diese verbale Zuneigung nicht geben kann. Nicht bei diesen hirnamputierten Statham-Klonen mit geschwollenen Eiern. Großartig, wie die sich in die Fresse schlagen (auch wenn ein paar davon Eierstöcke anstelle von Eiern haben).
Hm? Ich habe doch gesagt, das ist eine ziemlich persönliche Sache. Hey, ich bin einer dieser neurotischen Menschen, die, wenn sie außer Haus gehen, fünfmal (oder dreimal) ihre Hosentaschen checken, ob sie die Schlüssel einstecken haben und das ganze unterwegs auch noch mehrmals tun. Ich war jetzt schon länger nicht mehr im Kino, aber ich komme auf eine fünfmalige Kontrolle der Hosentasche während einem Film. Dabei weiß ich, dass ich den Schlüssel einstecken habe. Nützt aber nichts. Klar muss ich über ein Buch raunzen, das eine meiner Befindlichkeiten anstupst. Aber hm, das ist ein Thema für einen anderen Beitrag, ein anderes Mal.
Dies ist die Bühne für Shane Mulligan und Flamingo City.
Ah, wie passend, Hymn to Red October. Die Hymne gilt jetzt einfach rotzfrech der Aufmachung des Buches. Das Cover ist todschick, der Umschlag ist stabiler als diese Scheiße, die wir sonst per KDP bekommen. Aber das Innenleben des Buches ist noch hübscher! Das ist richtig liebevoll gestaltet. Ausgegraute Seiten, die Pistolen als Trenner. Klein und fein, dieser Verlag. Gehört unterstützt, unbedingt. Da steckt viel Arbeit drinnen. Also, selbst wenn euch die Inhalte egal sind, kauft einfach die Bücher, damit da noch mehr hübsche Bücher entstehen können. Schaut euch mal das Cover von Tales from the Dead an – links, ein Stück höher!
Alleine dafür gehört das Buch ins Regal! Und wenn dann irgendwann mal einer der Storybände in die schwarzen Zahlen kommt und die beteiligten Autoren jeder von ihrem Anteil eine Flasche 0,5l Cola kaufen können (im Angebot), dann werden sie euch in Gedanken zuprosten! Prosaisch.
Ok, das entgleitet mir gerade. Zweites Glas Rotwein. Riddle of Steel / Riders of Doom – die Musik scheint mir heute zu orakeln. Hm. Wie ernst nehme ich das? Sehr (Hust, wirklich! Nein! Oder?). Ich glaube, zwei meiner Nachbarn in diesem Haus wissen, wer John Aysa ist. Ja, zwei. Und noch jemand weiß das – und damit wissen es wohl mehr Leute. Ich sollte ernsthaft in Betracht ziehen, den Wohnort zu wechseln, so wie ich gerade Scheiße labere. Möglichst weit weg. Rauf in den Norden. Ein paar hundert Kilometer weiter, grobe Richtung Nordsee, vielleicht Dänemark. Oder Ostsee. Oder Berlin, viele Millionen Menschen, da finden mich die Nachbarn bestimmt nicht. Hust. Prost.
Verrückt, eigentlich wollte ich nur eine Lanze brechen für Flamingo City, den verflucht abgedrehten und überaus unterhaltsamen Roman eines irischen Bastards, der weiß, wie man B-Movies in Papier einfängt. Wahrscheinlich kann dieser Kerl auch noch härteren Stoff als ich in größeren Mengen saufen. Bunte, fruchtige Cocktails gehen gerade noch. Besonders, wenn sie giftgrün sind. Oder Schirmchen und Früchte drinnen herumblubbern.
Wie passend: Across the Board / End Credits. Robocop in diesem Fall (das Original, nicht dieses beschissene Remake). Ich habe noch nie eine Rezension geschrieben, die derart treffsicher von Musik geführt wurde. Noch dazu von Basil Poledouris, den ich sehr, sehr gern mag.
Ok. Genug. Kauft den Mulligan. Macht Spaß.
Und kauft meinen Scheiß. Macht auch Spaß. Auf andere Art. Prost!
Der Beitrag [BUCHEMPFEHLUNG]: Shane Mulligan: Flamingo City erschien am 22.01.2020 auf JohnAysa.net …
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