Anmerkung 1: Wir reden hier von Fortsetzungen, die aufgrund eines Erfolgs des ersten Buches entstanden sind. Von Anfang an als Trilogie oder längerer Zyklus konzipierte Werke sind etwas anders zu bewerten.
Anlass für diesen Beitrag ist der Starterfolg von Gott der Tentakel. Wie ich es ausführlicher im Newsletter erzählt habe (Schon abonniert? Nein? Einfach rechts oben anmelden, der Newsletter wird mit Erst-Infos bzw. Exklusivinhalten bestückt), war das Buch als Solo-Werk angesetzt und wird jetzt einen weiteren Band bekommen.
Anmerkung 2: Damit sind wir bei einem weiteren wichtigen Thema des Autorendaseins – der kommerziellen Ausnutzung des eigenen Werks. Einer der nächsten Beiträge der Schreibwerkstatt wird sich damit befassen.
Ich bin auf gewisse Art ein Spinner. Nicht nur, weil ich schreibe, was ich schreibe, sondern auch, weil ich so gut wie in alle Bücher Handlungselemente einfüge, die ich im Fall der Fälle nutzen kann, um dort mit einem weiteren Buch einzuhaken.
Das mache ich aus drei Gründen:
1) Ich mag Fortsetzungen und Spin-offs. Nicht immer, nicht alle, aber grundsätzlich mag ich Mehrteiler. So einfach ist das.
2) So kann man sich weit ausführlicher mit der Geschichte und dem Drumherum beschäftigen, als es vielleicht im originalen Stoff möglich war – so wie eben bei Gott der Tentakel: Der Roman war von Anfang an als kurz vorgesehen und da gab es einfach keinen Raum, um viel mehr der potenziellen Möglichkeiten abzudecken. Das hätte jeden Rahmen gesprengt und die Termine aller anderen Bücher ins Chaos gestürzt.
3) Ganz wichtig – ich verwehre mir auf die Art, mich selbst zu sehr zu kopieren und einfach einen Abklatsch des Originals zu schreiben.
Bei Gott der Tentakel zählen zu diesen Elementen u.a. Celeste Rain, China Cassutt, die vage Vergangenheit der beiden Protagonisten, Jolene Tovah. Wunderbare Aufhänger, um das Umfeld des zentralen Elements – dem Absturz des Kometen auf die Erde, näher auszuleuchten, als alternativen Sichtweisen zu sehen, etc… . Im Idealfall ist/wird das eine Serie bzw. ein Universum.
Natur der Sache bei einem zweiten Band ist eigentlich folgendes: Leser haben am ersten Band Gefallen gefunden und wollen weiteren Stoff. Heißt, du als Autor musst einen Spagat schaffen: einerseits die Ähnlichkeiten beibehalten, andererseits genügend Abwechslung und Neuerungen ins Spiel bringen, um nicht zu langweilen. Das wäre tödlich.
Es erscheint mir – das ist ein sehr subjektiver Eindruck – allemal besser, mit einem eigenständigen Band auf die Fresse zu knallen als mein Publikum mit einer faulen Kopie vor den Kopf zu stoßen. Leser sind eher geneigt, einem Autor ein weniger gelungenes Buch zu verzeihen, für das er sich den Arsch aufgerissen hat, als einen billigen Abklatsch seiner eigenen Werke.
Warum? Ein Bauchfleck mag heißen, dass das nächste Buch den Autor wieder in Form präsentiert. Ein Formtief kommt schon mal vor, davor ist man in keinem Beruf gefeit. Die schemenidente, verlaufgleiche Fortsetzung hingegen heißt, dass der Schreiber weniger am Werk selbst als an Geldmache interessiert ist.
Nicht falsch verstehen – auch ich möchte Geld verdienen und natürlich wird ein Autor, der einen Erfolg landet, versuchen, diesen zu wiederholen – ist auch naheliegend bei dieser in Sachen Erfolg und Einnahmen wankelmütigen Profession. Finanzieller Druck ist ein Albtraum, der das Leben unglaublich erschweren kann – auch das ist in jedem Job möglich. Aber wem erzähle ich das? Besonders heutezutage. So weit, so menschlich, so notwendig.
Was ich jedoch als fatalen Fehler ansehe ist, genau dasselbe nochmal und nochmal und nochmal zu machen. Das kann ich mir bis zu einem gewissen Grad erlauben, wenn ich am weit größeren englischsprachigen Markt unterwegs bin und ein Name, vielleicht sogar eine Institution bin – was noch lange nichts über die Qualität aussagt.
Eines der Probleme der Bücher zur ausschließlichen Befriedigung kommerzieller Interessen ist, dass sie sich entsprechend lesen. Irgendwann merkt man als Leser das Abklingen von Zuneigung und Vergnügen seitens des Autors und die reine Fabrikation um des Geldes wegen. Alles wird auf Effekt hingetrimmt, genau nach Lehrbuch abgehandelt, sprachlich immer einfacher, und war schon im Vorgänger sehr ähnlich zu lesen. Ist sehr schade, wenn eine Serie eigentlich witzig, skurril und originell begonnen hat. Frustriert und nervt mich als Leser.
Superstar-Autoren können dieses Spiel etliche Bücher lang treiben, viermal, fünfmal, ein Dutzend Mal den Helden in immer das nach selbem Schema aufgebaute Verschwörungs-Geheimbund-Abenteuer jagen, ehe es den Lesern zu blöde wird. Enormes Marketing, das Erwartungen weckt, die Verfilmung, die dazukommt, das Buch wird zum Event und Selbstläufer.
Mittelfeld-Autoren und Indie-Autoren hingegen, die nicht einmal von einem Bruchteil dieser medialen Schubkraft träumen können, werden für den Versuch, dieses Schema zu kopieren, sehr schnell abgestraft. Warum? Weil hier die nackte Wahrheit unmittelbar zum Vorschein kommt. Die hohle Blase platzt spätestens nach dem dritten Buch.
Gott der Tentakel hat also schon vorab einen Sicherheitsmechanismus eingebaut, um zu verhindern, dass ich einen Abklatsch davon fabriziere. Klar, die Fortsetzung wird pornografisch und es wird Blut und Gekröse und weiß der Teufel was geben (mehr? weniger? wird sich weisen), aber eine ganz anders gelagerte Geschichte, mit vertrauten Elementen. In welche Richtung das Theater gehen wird, das weiß ich noch nicht.
Für mich heißt es jetzt, einen weiteren Tentakel Roman zu schreiben, der dem ersten Band ähnlich genug ist, um meinen Lesern dasselbe Vergnügen zu bereiten wie Gott der Tentakel. Zugleich muss ich genügend Neuerungen und Unterschiede bieten, um eine reine Wiederholung zu verindern. Die wäre weder für mich noch für mein Publikum befriedigend.
Hallo John,
auch wenn ich GdT jetzt nicht ganz so toll fand, interessiert mich eine Fortsetzung durchaus, ich möchte aber auch noch mal was dazu anmerken.
Ich finde, Du kannst richtig gut schreiben, solltest aber Deine Bücher nicht nur auf möglichst ausführliche Beschreibungen aller möglichen Sexpraktiken und Abartigkeiten reduzieren, sondern den Sex einfach mal etwas zurück schrauben und einen reinen Horrorroman schreiben. Eine gute Lovecraft Story könnte ich mir von Dir sehr gut vorstellen. Das kannst Du ja, aber für mich triften Deine bisherigen Bücher immer zu sehr in die Sexhardcorecke ab.
Das ist nur meine persönliche Meinung, die ich schon mal hier kundgetan habe, aber für mich wirds einfach langweilig, wenn es in der Hälfte des Buches nur ums Fi..en geht. Anderen mags natürlich gefallen.
Möchte das nur noch mal kurz loswerden und bitte verstehe das als ehrliche Kritik meinerseits. Frohes Schreiben noch :)
LG Alex
Lieber Alex,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich habe dir eine laaange eMail geschickt :-) Ich werde deinen Beitrag und meine Antwort darauf zu einem Thema im nächsten Newsletter machen und darauf aufbauend auch einen Beitrag für die “Schreibwerkstatt” verfassen.
An dieser Stelle nur kurz erwähnt – ich werde mich nicht auf die “Extrem-Schiene” beschränken. Dazu gibt es viel zu viele Stoffe und Themen, die man auf die unterschiedlichste Art abhandeln kann. Etliche Bücher, die ich vorausgeplant habe, gehen auch in weniger extreme, dafür komplexere oder anderweitig gelagerte Richtungen.
Harte und extreme Titel werden für mich aber immer ein Thema sein, ich mag sie einfach sehr gern (auch als Leser!) und es ist ein riesiger Spaß, diese Stoffe zu schreiben – und ich habe diesbezüglich doch etliche Fans.
Mein Angebot wird einfach bunt und vielfältig sein. Aber die Titel werden, so wie im 1. Newsletter geschrieben und wie es auch im Beitrag erwähnt ist, authentisch mein Stoff sein. 100% Aysa eben.
Liebe Grüße,
John